Blog-Lese-Lizenz

In den Kommentaren zu meinem letzten Eintrag entstand die Idee, Blogger demnächst einem Test zu unterziehen und danach mit einer „Lizenz zum Lesen“ zu beglücken. Natürlich fallen mir nur Gemeinheiten bei  den Beurteilungstexten der Testergebnisse ein. Guckst du hier:
 
ACHTUNG SATIRE !!!!

Sie haben …..? Punkte erreicht:

Herzlich Glückwunsch ! Sie sind ein Instant-Kuschelblogger.  Gut 95 % aller Blogeinträge dürfen sie ohne Gefahr der mentalen Überforderung lesen. Hüten sollten sie sich nur vor Postings , die mehr als 10 sinnvolle Wörter oder gar komplizierte Satzbauten mit Nebensätzen und solch unnötigem Schnickschnack enthalten.

Ihr Ding sind die allseits beliebten Einwortpostings. Auch ständig wiederholte Beschreibungen eines positiven /negativen Gemütszustandes machen ihnen den Aufenthalt  in der Blogosphäre angenehm und bescheren ihnen schöne Momente.  

Man hat sie gern als Freund, denn sie posten nur nette Sachen. Da macht es auch gar nichts, das sie nur über rudimentäre  Grammatik -und Rechtschreibkenntnisse verfügen. Niemand stört es , wenn sie „Bussi“ mit „P“ schreiben. 

Sie haben die  5% eingeschränkte Leselizenz . Herzlichen Glühstumpf !

Ein Jahr im Blog

Seit einem Jahr habe ich nun mein kleines Bloghaus im trauten Bloggersheim. Das hier war mein erster Post

Miss Manierlich meinte ich führe ein minderbesuchtes Blog ( hört sich doch sehr nach minderbemittelt an*g*) sie hat wohl recht. Aber ich habe treue Besucher und Leser und das freut mich sehr, denn sie kommen immer mal wieder gucken obwohl ich nicht regelmäßig und täglich schreibe.

Insgesamt waren über 9000 Besucher da und haben sich 19 678 Seiten angesehen. Nur etwa 900 mal hab ich einen Kommentar zu meinen 172 Einträgen bekommen. Den meisten meiner Lesern fehlen also offensichtlich die Worte ob meines Geschreibsels, oder bringe ich die Dinge so auf den Punkt?

Ja, nun weiß ich auch was ein Blog ist. Wie im richtigen Leben ist so ein Blog! Mit vielen netten Menschen und natürlich auch einigen weniger liebenswerten Zeitgenossen. Wie im richtigen Leben gibt es auch hier die großen Wortführer und die kleinen Aufrührer, die Spaßmacher und die Zum- Lachen- in -den- Keller- Geher. Selbstverständlich gibts auch die Arschlöcher, aber die meisten hatten eine ziemlich geringe Halbwertszeit und damit verschwanden sie recht schnell wieder.

Obwohl ich mich an keine der, angeblich für ein funktionierendes Blog so wichtigen, Regeln gehalten habe, kommen mich jeden Tag Menschen besuchen. Schaun nach, was ich geschrieben habe und manchmal, wenn ich lange nichts hören ließ, dann fragen sie nach, sorgen sich um mich.

Das erfüllt mich mit unendlicher Dankbarkeit, denn es zeigt , das trotz den unendlichen Weiten und Verlockungen des www der „Faktor Mensch“ unberechenbar bleibt.

Der Mensch nämlich macht aus dem anonymen „Medium Internet“ die Begegnungsstätte/ die Schule / die Universität/ den Kochclub/die Sex und Singlebörse und die Heiratsvermittlung/den riesengroßen Spiel- und Lebensplatz,- das „Web“ !

Ich war als Kind schon zu Gast in Fantasien und Narnia, im Luftschlossbauen bin ich ein Meister und Luftgitarre ist mein liebstes Instrument. Virtuelle Welten sind mir vertraut.Umso mehr habe ich die Begegnungen mit den real existierenden Bloggern durch das Medium Blog genossen.

Ich freu mich auf die Zukunft in Bloggersheim und mache die Tür zu meinem kleinen, verträumten, minderbesuchten Blog weit auf.

Auf’s Blog und auf Euch *pling*
*Heute mal mit einem virtuellen Gläschen Schampus vorsichtig an den Monitor stubbst*

Anne

Sommerliche Träume



Mondscheintrunkne Lindenblüten

Heinrich Heine (1797-1856)

„Mondscheintrunkne Lindenblüten,
Sie ergießen ihre Düfte,
Und von Nachtigallenliedern
Sind erfüllet Laub und Lüfte.

Lieblich läßt es sich, Geliebter,
Unter dieser Linde sitzen,
Wenn die goldnen Mondeslichter
Durch des Baumes Blätter blitzen.

Sieh dies Lindenblatt! du wirst es
Wie ein Herz gestaltet finden;
Darum sitzen die Verliebten
Auch am liebsten unter Linden.

Doch du lächelst; wie verloren
In entfernten Sehnsuchtträumen –
Sprich, Geliebter, welche Wünsche
Dir im lieben Herzen keimen?“

Ach, ich will es dir, Geliebte,
Gern bekennen, ach, ich möchte,
Daß ein kalter Nordwind plötzlich
Weißes Schneegestöber brächte;

Und daß wir, mit Pelz bedecket
Und im buntgeschmückten Schlitten,
Schellenklingelnd, peitschenknallend,
Über Fluß und Fluren glitten

Wei sie ein Teil von mir sind

mammo
Diesem Spruch begegne ich jedesmal wenn ich an der Praxis eines Radiologen im hiesigen Ärztehaus vorbeikomme. Er soll für ein flächendeckendes vorsorgendes Mammographiescreening für Frauen ab 50 werben um die Brustkrebssterblichkeit zu senken.

So sehr ich so eine Kampagne für dringend notwendig halte, mich ärgert doch diese selten blöde Aussage.

Meine Brüste gehören so selbstverständlich zu mir wie meine Arme oder Beine. Nur weil sie jenseits der 50 nicht mehr zum Säugen des Nachwuchses gebraucht werden und vielleicht nicht mehr den männlichen Wunschvorstellungen entsprechen, gehören sie doch zu meinem weiblichen Erscheinungsbild und ich kenne keine Frau, die ihre Brüste nicht als einen Teil von sich betrachtet. Ich finde den Spruch geradezu diskriminierend, denn auf die Selbstverständlichkeit des weiblichen Selbstbildes mit intakter Brust muss doch wohl nicht aufmerksam gemacht werden.

Das erinnert mich immer an die Bestrebungen mancher Gynäkologen doch als Krebsprophylaxe den Uterus zu entfernen, sobald der nicht mehr zur Reproduktion gebraucht wird. Schon heute gibt es in einigen Städten sicher ganze uterusfreie Straßenzüge.

Ich frage mich ob man bei Männern für eine Vorsorgeuntersuchungskampagne bspw. zur Früherkennung von Hodenkrebs auch mit so einer sinnfreien Feststellung werben würde.

Es ist viel zu heiß

*stöhn* einmal , ausnahmsweise, will ich auch mal übers Wetter stöhnen bevor ich mich endgültig verflüssige oder verdampfe. Hier sind es im Moment gut 37°c im Schatten und ich habe das Gefühl, das mein Kreislauf und das Klima im Moment irgendwie nicht kompatibel sind.

Wie man sich etwas vertraut macht…

Antoine de Saint-Exupery
Der kleine Prinz (Le petit Prince)

“ Man kennt nur die Dinge, die man zähmt“
sagte der Fuchs.
“ Die Menschen haben keine Zeit mehr, irgend etwas kennenzulernen.
Sie kaufen sich alles fertig in den Geschäften. Aber da es keine
Kaufläden für Freunde gibt, haben die Leute keine Freunde mehr.
Wenn du einen Freund willst, so zähme mich!“
“ Was muß ich da tun?“ sagte der kleine Prinz.
“ Du mußt sehr geduldig sein“, antwortete der Fuchs.
“ Du setzt dich zuerst ein wenig abseits von mir ins Gras.
Ich werde dich so verstohlen, so aus dem Augenwinkel anschauen,
und du wirst nichts sagen.
Die Sprache ist die Quelle der Mißverständnisse
Aber jeden Tag wirst du dich ein bißchen näher setzen können…“

Am nächsten Morgen kam der kleine Prinz zurück.
“ Es wäre besser gewesen, du wärst zur selben Stunde wiedergekommen“
sagte der Fuchs.
“ Wenn du zum Beispiel um vier Uhr nachmittags kommst,
kann ich um drei Uhr anfangen, glücklich zu sein.
Je mehr die Zeit vergeht, um so glücklicher werde ich mich fühlen.
Um vier Uhr werde ich mich schon aufregen und beunruhigen;
ich werde erfahre, wie teuer das Glück ist.
Wenn du aber irgendwann kommst, kann ich nie wissen,
wann mein Herz da sein soll…
Es muß feste Bräuche geben.“
“ Was heißt „fester Brauch“?“, sagte der kleine Prinz.
“ Auch etwas in Vergessenheit Geratenes“, sagte der Fuchs.
“ Es ist das, was einen Tag vom andern unterscheidet,
eine Stunde von den andern Stunden.
Es gibt zum Beispiel einen Brauch bei meinen Jägern.
Sie tanzen am Donnerstag mit dem Mädchen des Dorfes.
Daher ist der Donnerstag der wunderbare Tag.
Ich gehe bis zum Weinberg spazieren.
Wenn die Jäger irgendwann einmal zum Tanze gingen,
wären die Tage alle gleich und ich hätte niemals Ferien.“

So machte denn der kleine Prinz den Fuchs mit sich vertraut.
Und als die Stunde des Abschieds nahe war:
“ Ach!“ sagte der Fuchs, „ich werde weinen.“
“ Das ist deine Schuld“, sagte der kleine Prinz,
“ ich wünschte dir nichts Übles,
aber du hast gewollt, daß ich dich zähme…“
“ Gewiß“, sagte der Fuchs.
“ Aber nun wirst du weinen!“ sagte der kleine Prinz.
“ Bestimmt“, sagte der Fuchs.
“ So hast du nichts gewonnen!“
“ Ich habe“, sagte der Fuchs, „die Farbe des Weizens gewonnen.“
Dann fügte er hinzu: „Geh die Rosen wieder anschauen.
Du wirst begreifen, daß die deine einzig ist in der Welt.
Du wirst wiederkommen und mir adieu sagen,
und ich werde dir ein Geheimnis schenken“.

Der kleine Prinz ging, die Rosen wiederzusehn:
“ Ihr gleicht meiner Rose gar nicht, ihr seid noch nichts“,
sagte er zu ihnen.
“ Niemand hat sich euch vertraut gemacht
und auch ihr habt euch niemandem vertraut gemacht.
Ihr seid, wie mein Fuchs war.
Der war nichts als ein Fuchs wie hunderttausend andere.
Aber ich habe ihn zu meinem Freund gemacht,
und jetzt ist er einzig in der Welt.“
Und die Rosen waren sehr beschämt.
“ Ihr seid schön, aber ihr seid leer“ sagte er noch.
“ Man kann für euch nicht sterben.
Gewiß, ein Irgendwer, der vorübergeht, könnte glauben,
meine Rose ähnle euch.
Aber in sich selbst ist sie wichtiger als ihr alle,
da sie es ist, die ich begossen habe.
Da sie es ist, die ich unter den Glassturz gestellt habe.
Da sie es ist, die ich mit dem Wandschirm geschützt habe.
Da sie es ist, deren Raupen ich getötet habe
(außer den zwei oder drei um der Schmetterlinge willen).
Da sie es ist, die ich klagen oder sich rühmen gehört habe
oder auch manchmal schweigen.
Da es meine Rose ist.“

Und er kam zum Fuchs zurück:
„Adieu“, sagte er…
„Adieu“, sagte der Fuchs.

“ Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach:

Man sieht nur mit dem Herzen gut.
das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

“ Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“,
wiederholte der kleine Prinz,
um es sich zu merken.

Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.“

“ Die Zeit, die ich für eine Rose verloren habe…“,
sagte der kleine Prinz,
um es sich zu merken.
Und er warf sich ins Gras und weinte.

“ Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen“, sagte der Fuchs.
“ Aber du darfst sie nicht vergessen.

Du bist zeitlebens für das verantwortlich,
was du dir vertraut gemacht hast.
Du bist für deine Rose verantwortlich…“

“ Ich bin für meine Rose verantwortlich…“,
wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
(aus dem 11. Kapitel)

Für jemanden, der hoffentlich weiß, welch wunderbarer Ort der Mond sein kann, hat man ihn sich erst mal vertraut gemacht, und welch gewinnbringendes Geschenk manchmal gerade die verloren geglaubte Zeit sein kann.

*pling* auf ihr Wohl und ich freu mich wieder von Ihnen zu lesen, verehrter Herr von Trettenheim.

Sorge dich nicht , borge !

Robert Gernhardt

Sorge dich nicht, borge
(aus: Im Glück und anderswo, Gedichte, 2001, S. Fischer)

Mein Gott, war das wieder ein Streß im Büro!
Als ich den Laden verließ, war ich stehend k.o.
Kaum zu Hause, da dacht ich: Was pfeif ich mir rein?
Im Kühlschrank, da muß doch noch Stein-Wein sein!
Schon ist er zur Hand, jetzt den Korkzieher her –
Die Schublade auf, doch die Lade ist leer!
Gestern war er noch da, heute ist er nicht drin –
Wo ist denn nur dieser Korkzieher hin?
Moment! Hab ich den nicht verborgt?
Der Mensch ist das Tier, das sich sorgt.

Aber wem? Da fällt es mir siedendheiß ein:
Gestern abend, da schneite die Nachbarin rein
Und bat mich: »Herr Nachbar, so borgen Sie mir,
Ihrer Nachbarin, rasch Ihren Korkenziehr.
Ich bin grad dabei, meinen Chef zu verführn,
Und in dessen Hose, da will sich nichts rührn.
Nun habe ich einen Eins-a-Côtes du Rhône,
Ein geiles Getränk, das regelt das schon.
Doch die Flasche ist leider verkorkt!«
Der Mensch ist das Tier, das sich sorgt.

Ich also rüber, ich klopf an die Tür:
»Frau Nachbarin, bitte öffnen Sie mir!«
Da schaut sie schon raus: »Ach Sie – kommse rein!
Wo liegt Ihr Problem?« »Ich tränke gern Wein,
Doch die Flasche ist zu und mein Korkenziehr« –
»Ach der! Tut mir leid, der ist nicht mehr hier:
Mein Chef hat ihn mitsamt der Flasche entsteißt,
Weil nichts lief – « Da schrei ich sie an: »Das heißt,
Sie hab’n das Geborgte verborgt?!«
Der Mensch ist das Tier, das sich sorgt.

Da faßt mich die Nachbarin zart unters Kinn:
»Hat mein Nachbar denn nichts als Korken im Sinn?
Ihr Korkenzieher bleibt leider verliehn,
Doch wir könnten ja auch an was anderem ziehn,
An Gürteln und Schleifen, an Bändern und Stoffen,
Und dem, was wir drunter zu finden hoffen,
Sei’s der Mann bei der Frau, sei’s die Frau bei dem Mann:
Es gibt viel zu ziehn. Also packen wirs an!«
Und dann hat sie’s mir tierisch besorgt:
Der Mensch wird zum Gott, wenn er borgt.