„Lachen ist Teil unseres Therapiekonzepts und wird gerngesehen.“
hat sich eine Klinik im Norwesten Deutschlands, in der ich mich wochentags aufhalte, um besser mit meinen chronischen Schmerzen umgehen zu lernen, auf die ergotherapeutisch, handgefilzten und gefärbten Fahnen geschrieben.
Auf meinem Therapieplan finden sich, neben Singen und Musiktherapie, auch Lachen. In Gruppen oder als Einzel-Therapie. Da forscht jemand ernsthaft daran, das ist nicht zum Lachen, nein, das ist Arbeit.
Soweit so gut.
Es macht mir nichts aus, den Tag mit einem frohen Lied auf den Lippen zu begrüßen. Ich brauche nicht mal die ausliegende „Mundorgel“ und das
sauschlecht kopierte Heftchen mit einer bunten Mischung fröhlicher und besinnlicher „Melodien für Millionen“ zu bemühen, denn ich kann die meisten Lieder eh auswendig. So beginnt der Tag unter dem enthusiatischen Absingen mehr oder weniger christlich geprägten Liedgutes. Was wiederum zu einer echten Benachteiligung der muslimischen Patienten führt, wie ein besonders einfühlsamer Mitpatient bemerkt. Die, ( die muslimischen Patienten) wiederum, wussten gar nicht, dass sie sich benachteiligt fühlen sollten, und wünschen sich „die Gedanken sind frei“ , was ich sehr begrüße, denn das „Danke für diesen neuen Morgen“ und „My Bonny is over the Ocean“ waren doch musikalisch recht grenzwertig.
Der, unseren Gesang geübt auf der Gitarre begleitende Therapeut, greift inbrünstig in die Saiten und leistet sich am Schluss des Liedes ein paar rockige Akkorde. Froh darüber , das einige beherzte, wenn auch völlig unmusikalische Patienten laut und falsch mitsingen und auch das dreigestrichene hohe C bei „Let it Be“ voller Selbstvertrauen angehen. Die müssen schon länger da sein und führen mir skeptischen Neuling, klanglich-bildlich-anhörlich, die Wirksamkeit der Methode vor Augen.
Solch zur Schau gestellte Lebensfreude ist natürlich ein Nichts im Vergleich zu der überbordend, professionellen , munteren Lustigkeit des Therapeuten, der uns mit Rufen wie: „Oh man, wir singen so schön heute !!!!!!! “ (ich schwöre, es waren mindestens 7 Ausrufungszeichen hörbar) zu gesanglichen Höchstleistungen anspornt.
Tief befriedigt und innerlich lachend, verlasse ich die musikalische Runde nach einer kurzweiligen Stunde. Ich habe wirklich gelacht! Worüber? Das will ich mal der Phantasie meiner Leser überlassen.
Um elf habe ich beim selben Therapeuten SDI ( ist sowas ähnliches wie freies Spiel) Ich freu mich schon. Nächstes Mal erzähle ich von dieser Runde, bis dahin hab ich mich auch noch mal schlau gemacht was die Abkürzung, die ich für mich mit „Sinnfrei Doch Innovativ“ übersetzt hab, wirklich bedeutet. Ich halt euch auf dem Laufenden. Nächsten Sonntag werde ich sicher auch die erste Stunde professionelles, psychologisch geschultes Lachen hinter mir haben. Endlich darf ich dann zum Lachen in den Keller gehen. Denn Lachen ist hier Therapie, aber bitte nur während der Therapiezeiten von 8-18 Uhr. Danach schliessen wir hier die Türen und lachen nur noch hinter vorgehaltener Hand. Aber davon auch mehr am nächsten Wochenende.
Ich wünsche euch und mir hoffentlich allzeit ein fröhliches Liedchen auf die Lippen.
Also, lacht euch eins oder zwei. Ich geb mir schliesslich auch Mühe
Anne