Bekenntnisse einer Zurzeitnichtraucherin

(Für Jules)
Ich hab dreissig Jahre gern und viel geraucht, mich in dreckigen Raucher(abstell)-zimmern diskriminieren lassen, an Orten meiner Sucht gefröhnt, die ich mit klarem Verstand ohne mir „blauen Dunst vorzumachen“ nur mit einem „ALLOVERkondom“ betreten hätte.

Ich habe es nie geschafft mir das Rauchen ganz abzugewöhnen. Auch in der Schwangerschaft habe ich, mit schlechtem Gewissen und heimlich, die ein oder andere Zigarette geraucht, wohl wissend wie schädlich das ist. Ich war einfach ein willenloser Genussrauchersuchtbolzen.

Vor 2 Jahren hat es plötzlich „klick“ gemacht. Ich hatte eine schwere Bronchitis und stand nach meinem morgendlichen Arztbesuch mit Infusion und Inhalation, in der Apotheke um mir ein neues Medikament gegen meine inzwischen chronische Lungenkrankheit abzuholen. Die Apothekerin erklärte mir lang und breit den kleinen Inhalator, in dem man erst eine kleine Kapsel zerstechen musste eh man den Inhalt einatmet. Fast beiläufig meinte ich : „Lassen sie mal, das Medikament hatte mein Vater auch 14 Tage bevor er gestorben ist. Ich weiß wie man es benutzt.“

Im Auto lagen meine Zigaretten, normalerweise hätte ich jetzt schon eine angezündet, denn nach der Cortisoninfusion und der Inhalation beim Arzt ging es mir soweit wieder gut, das ich einige Züge rauchen konnte. Mein Blick fiel auf den neuen kleinen „Püster“, so nannte mein Vater den kleinen Inhalator, ohne den er die letzten Wochen seinens Lebens keinen Schritt mehr gehen konnte. Daneben lag eine Schachtel Zigaretten auf dem Sitz.

Ich dachte an den Abschied von meinem Vater in der Aufbahrungshalle. Heimlich hab ich eine Schachtel Zigaretten, ein Feuerzeug und eben diesen Püster unter die Decke am Fußende seines Sarges gelegt. Er hatte mir einige Wochen vor seinem Tod das Versprechen abgenommen, dass ich das tun würde. Ohne diese drei Dinge wolle er nicht über den „Styx“, mit dem Fährmann wolle er schließlich noch eine rauchen…hatte er mir melancholisch lächelnd und dann schrecklich hustend und nach Luft ringend erklärt.

Ich schob die Zigaretten und den Inhaltor in die Handtasche und wusste plötzlich sehr genau, das ich, wenn irgend möglich, nie mehr rauchen wollte.

Ich habe seit dem keine Zigarette mehr geraucht. Ich hab sie mir nicht verboten, sondern in den ersten Tagen und Wochen so eine Art Durchhaltewettkampf mit mir selbst veranstaltet. Meine Affirmation war: Du kannst jederzeit eine Zigarette rauchen, wenn du es wirklich möchtest, aber du bestimmst über den Zeitpunkt und nicht die Sucht.

Das war Ende August 2004. Erst an Weihnachten hab ich die Stange Zigaretten, nebst der angefangenen Schachtel aus dem Auto, verschenkt. Bis dahin brauchte ich das Gefühl jederzeit Rauchen zu können, wenn ich es nicht aushalten würde.

Heute bin ich genau so ein ekliger und empfindlicher Nichtraucher geworden, wie ich sie so sehr als Raucher gehasst habe. Der Geruchssinn kehrt zurück und man riecht plötzlich Sachen, die man einfach nicht wahrgenommen hat ,solange man rauchte. Ich rieche in meiner Wohnung im ersten Stock, wenn im Park unten Jemand eine Zigarette anzündet. (etwa 20m Luftlinie)
Wie sehr die Klamotten und der Atem einer rauchenden Person stinken habe ich definitiv nicht gewusst. Ich schäme mich noch im Nachhinein. Mein Mann hat mich nie geküsst, bevor ich nicht meine Zähne geputzt hatte, er meinte, da könne er ja gleich einen Aschenbecher auslecken. Er hatte recht. Wenn meine Tochter heute aus der Kneipe kommt und mich zur Begrüßung küsst, sag ich auch, sie soll sich eben erst die Zähne putzen.

Auch auf andere Gerüche reagiere ich viel empfindlicher, wahrscheinlich weil ich sie früher gar nicht wahrgenommen hab. Ich finde es erstaunlich, wie viele Leute wirklich erbärmlich, ungewaschen stinken. Das wundert ich mich echt, denn Badezimmer und Waschmaschine sind doch für nahezu jeden zu erreichen.

Nein, ich möchte wirklich nicht mehr rauchen und bin froh das ich nun zu den unsozialen Nichtrauchern gehöre, die den Staat nicht mit der horrenden Tabaksteuer unterstützen.

Nur manchmal fehlt mir eine Zigarette:
Wenn ich ein Bild fertig hab, die Pinsel ausgewaschen hab, und mich mit einer Tasse Kaffee vor die Staffelei hinsetze um mein Werk zu begutachten und den Farben ein wenig beim oxidieren zuzusehen, zum Beispiel.
Oder, wenn ich am Wasser bin, einen alten Mann mit einer Angel sehe, zur blauen Stunde in einem Garten sitze…

Es gibt viele Momente, die ich gern mit einem Rauchopfer zelebrieren möchte. Auch nach 2 Jahren noch. Und gegen diese „Sehnsucht nach dem Ritual“ hilft auch kein Stricken oder Zeichnen oder sonst eine Ersatzhandlung. Da bleibt ein wenig Wehmut nach silbernen Rauchkringeln, denen man nachsinnen kann bis sie ein lauer Sommerwindhauch zerweht.

zum Vorlesen und Erzählen , Die Geschichte von Jack O’Lantern

Herbstzeit ist auch Erzähl- und Vorlesezeit. Da ich für einen Kürbisschnitznachmittag mit Kindern eh Texte zum Vorlesen vorbereitet hab, gibt es heute die Geschichte von Jack O’Lantern. Für alle, die sich sich wieder mal so richtig, kuschelig, gruseln mögen.


Die Geschichte von Jack O’Lantern

Vor vielen hundert Jahren, an einem Abend einige Tage vor Allerheiligen sass Jack, ein geiziger, trunksüchtiger Schmied in seinem Dorf in Irland in einer Kneipe.

Ihm erschien der Teufel und wollte ihn mit hinabnehmen in sein Reich. Jack bot ihm seine Seele an für einen letzten Drink. Der Teufel stimmte zu und verwandelte sich selbst in eine Sixpence-Münze, um den Wirt zu bezahlen. Jack aber steckte die Münze schnell in seinen Geldbeutel und verschloss ihn fest. Und weil er im Geldbeutel ein silbernes Kreuz bei sich trug, konnte der Teufel sich nicht zurückverwandeln. Jack handelte mit dem Teufel: Er liess ihn frei und der Teufel versprach, dass Jacks Seele noch 10 Jahre frei sein solle.

Nach 10 Jahren, in der Nacht vor Allerheiligen, kam der Teufel zurück und wollte Jack nun endlich mit sich nehmen.

Jack bat ihn jammernd um einen letzten Gefallen: „Ich habe so einen Hunger auf einen leckeren, saftigen Apfel“, sagte er listig.
„Pflück mir doch einen von diesem Baum hier, dort oben , den Roten, hach, ich kann schon schmecken wie süß und saftig der wohl ist! Danach will ich ohne murren mit dir gehen“, bettelte er scheinheilig,mit einem treuen Augenaufschlag.

Der Teufel tat ihm den Gefallen und kletterte auf einen Apfelbaum. Jack aber zog blitzschnell sein Messer und schnitzte ein Kreuz in die Rinde des Baumes; da war der Teufel auf dem Baum gefangen – ausser Stande, Jack mit sich zu nehmen. Jack handelte abermals mit dem Teufel: Er entfernte das Kreuz und der Teufel versprach, dass er niemals Jacks Seele holen werde.

Als Jack Jahre später starb, wurde ihm an der Himmelspforte der Zutritt verwehrt, weil er sein Leben lang geizig, falsch und hinterlistig gewesen war. Er wurde zu den Höllentoren geschickt.

Vor dem Höllentor aber wartete schon der Teufel und lachte höhnisch und auch ein wenig ängstlich : „Du hast mich 2 mal genarrt und betrogen und ich versprach dir niemals deine Seele zu holen. Du würdest mir meine braven Teufelchen nur närrisch und aufsässig machen und die Revolution in der Hölle anzetteln. Dabei müssen die schaffen und rackern und das Feuer schüren für die verdammten Seelen. Nein , so einen wie dich ich will dich nicht in der Hölle haben, du bist mir zu gruselig für die Hölle“

Der Teufel schickte ihn zurück woher er gekommen war – und weil es so dunkel, kalt und windig und der Weg so weit war, bekam Jack ein Stück Kohle direkt aus dem Höllenfeuer mit auf den Weg. Er wurde verdammt bis zum Tag des jüngsten Gerichts durch die Welt zu wandern. Dann sollte über sein Schicksal entschieden werden.

Da stand Jack nun vor den Toren der Hölle und das Stück Höllenkohle verbrannte ihm die Finger. Fluchend machte er sich auf den Weg. Bald sah er am Wegrand ein Kind stehen. Es hatte einige Rüben ausgehöhlt und verkaufte sie als Laternen. Jack bat das Kind weinend um eine Rübe, denn die Höllenkohle hatte seine Hände schon sehr verbrannt. Das Kind lächelte mitleidig und legte die Kohle in eine der ausgehöhlten Rübenlaternen.
„Wenn du mir versprichst die bösen Geister zu vertreiben und den Teufel zu verjagen, wo immer er den Menschen Böses will, so will ich gnädig mit dir sein, am Tage des jüngsten Gerichts“. meinte das Kind freundlich und legte seine Hände in Jacks verbrannte Hände, die augenblicklich heil wurden, denn das Kind war niemand anders als Gott.

Jack versprach es voller Reue , nahm seine glühende Kohle in der ausgehöhlten Rübe und machte sich auf. Seitdem wandelt seine verdammte Seele mit der Laterne in den Nächten um Allerheiligen durch die Dunkelheit und vertreibt und jagt das Böse wenn es ihm ansichtig wird;- bis zum Tag des jüngsten Gerichts.

Aus der Rübe wurde im Laufe der vergangenen vielen hundert Jahre ein Kürbis. In den Tagen vor Allerheiligen stellt man die Kürbislaterne vor das Haus…. denn bis zum heutigen Tag trauen sich die bösen Geister und Teufel, die dann unterwegs sind, nicht dort hin, wo Jack O’Lanterns gruselige Kürbislaterne leuchtet.

Jack O’Lantern aber wartet hoffnungsvoll auf den Tag an dem er genug für seine Sünden gebüsst hat und erlöst wird.

© Anne Varnhorn 2006