Wo sind meine Träume?

Eine Wiederholung von 2007, die ich jetzt doch noch mal für alle zugänglich machen möchte. Besonders für Unasuru, deren letzer Eintrag mich sehr bewegt hat.

Ich trauere um liebe Freunde.

Ich weiß nicht so genau, wann sie mich verlassen haben, denn sie sind heimlich gegangen, – ganz leise und ohne großes Aufsehen zu machen.

Früher haben sie mich jede Nacht begleitet. Sie waren laut und bunt, lebendig und manchmal waren sie grausam. Aber sie waren verlässlich, wenn alles um mich herum unzuverlässig war. Sie waren der Fels in der Brandung, auf den ich mich nächtens rettete, wenn die Wellen in meinem Leben meine Küsten zu zerstören drohten. Sie waren mir Trost wenn ich untröstlich war. Mit ihnen habe ich bittere Tränen geweint und laut und wild gelacht. Ich bin mit ihnen auf die Jagd gegangen, auf Hochseilen balanciert, habe Berge erstiegen und bin mit den Möwen übers Meer geflogen. Wir waren in dunklen Kellern, in Gruften und Abgründen haben wir mit bösen Wesen gerungen. Wir haben immer gesiegt. Ich war sicher bei ihnen.

Manche haben mich über viele Jahre begleitet und wurden fassbar, real. Einige sind schon vor langer Zeit in eine andere Gegend gezogen, aber sie haben sich verabschiedet und ich hörte noch von ihnen, wenn auch selten.

Jetzt sind sie alle fort. Ich weiß nicht wo ich sie suchen soll, denn sie ließen mir Nichts, an das ich mich halten könnte.

„Vielleicht sind sie gestorben ? “ meinte ein befreundeter Illusionist. „Es kommt vor, das Träume an der Realität schwer erkranken und sterben. “

„Wo hat man sie beerdigt?“ frage ich, „Ich hätte so gerne einen Platz zum Trauern…!“

„Schau in dein Herz“ sagt er. „Manchmal findet man dort ihre Spuren, wo die Liebe mal gewohnt hat!“

© Anne Varnhorn 2007

„Nenne dich nicht arm,
wenn deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind.
Wirklich arm ist nur, wer nie geträumt hat“

Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, (1830 – 1916),