Heute muss ich Gott mal wieder „Danke“ sagen. Diesmal für eine ungewöhnliche Begegnung.
Es ging mir nicht sehr gut in den letzten Wochen und ich hab mich oft sehr allein gefühlt. Wie immer wenn ich mich so fühle habe ich mich weitgehend auf mich selbst zurückgezogen. Ich kann dann nicht schreiben oder malen, das wird nichts und artet nur über Gebühr in Jammerei aus. In solchen Phasen stricke ich gern, denn es lenkt mich ab, ich kann meinen Gedanken nachhängen, aber es fordert doch soviel Aufmerksamkeit und Struktur, dass ich mich nicht im Negativen verlieren kann. Also habe ich ein großes Dreiecktuch gestrickt.
Dieses Tuch habe ich heute Mittag zur Post gebracht. In einer großen Versandtasche verpackt als Großbrief. Natürlich kam ich an den Schalter des Postbeamten, den ich am wenigsten leiden kann, aber was soll’s? Ich wollte ja nur einen Brief aufgeben.
„4,10 bitte!“ schnarrt er mich an.
Ich krame schon nach mehr Geld, denn sonst bezahle ich immer 2,20 maximal, doch ich besinne mich und frage noch mal nach? „Das ist aber teuer geworden, sonst hab ich fast nur die Hälfte gezahlt?“ Ja , ein kleines Paket kostet eben soviel!“ patzt er mich an. Ich entgegne, dass ich ja extra die Verpackung im Umschlag gewählt hätte um es als Brief senden zu können, zumal der Schal nur 350 Gramm wiegt! Unfreundlich und ärgerlich ändert der Mann das Porto. Ich geh zu meinem Fahrrad und denke wie viel freundlicher das Ganze sich hätte zutragen können. Eine sympathische Frau, die nach mir dran war, schließt jetzt ebenfalls ihr Fahrrad auf, und auch sie beschwert sich über die Unfreundlichkeit des Postmitarbeiters. Wir kommen ins Gespräch, von „Hökschen auf Stöckchen“ reden miteinander als wenn wir uns schon lange kennen würden und ich habe ein seltsam vertrautes Gefühl. Die ist bestimmt zugezogen, schießt es mir durch den Kopf, die Eingeborenen hier reden nicht mit Fremden und schon gar nicht so lange und intensiv. Die Frau hat kluge, blaue Augen und eine schöne Sprache. „Bestimmt eine Lehrerin“ denke ich und schimpfe innerlich über meine Gehirn-Schubladen, in die ich mein Gegenüber einordnen möchte. Wir schieben die Fahrräder, unterhalten uns angeregt und fast selbstverständlich lädt sie mich auf einen Kaffee ein. Es folgen fast 2 Stunden angeregte Unterhaltung, wir lachen und erzählen, finden Gemeinsamkeiten. Wir tauschen die Telefonnummern, als wir gehen habe ich das Bedürfnis sie zu umarmen und sie lässt diese Nähe zu. „Das ist mir noch nie passiert!“ sagt sie beim Abschied. Ich hatte ähnliche Erlebnisse schon einige Male, und manche meiner besten Freunde habe ich so kennengelernt.
Vor vielen Jahren hat eine ebenfalls sehr ungewöhnliche Frau mal zu mir gesagt, man bekäme die Menschen, die man braucht, über den Weg geführt.
Liebe A. aus V. im Oldenburgischen,solltest du das hier lesen, Du warst heute für mich genau das, was ich brauchte und ich hoffe, du hast von unserer Begegnung auch etwas mitgenommen. Ich wünsche dir und deiner Familie „Frohe Ostertage“ und werde mich sicher bei dir melden !
Wer Engel sucht in dieses Lebens Gründen,
der findet nie, was ihm genügt.
Wer Menschen sucht, der wird den Engel finden,
der sich an seine Seele schmiegt.Christoph August Tiedge (1752-1841)
Das Lacetuch, das ich verschickt habe, aus 350 Gramm Regia-Sockenwolle 250cm x140cm
Von dem unfreundlichen Postbeamten habe ich leider kein Bild