Karfreitagskoffer

Vor einigen Jahren lief auf hr die Sendung „Horizonte“ – mit dem Thema „Die lange Nacht von Tod und Auferstehung“.
Ich hab es leider nicht durchgehalten, wie den Jüngern im Garten Gethsemaneh, fielen mir die Augen zu. „Einmal Jenseits und zurück“ hieß der letzte Beitrag, dessen Anfang ich noch schauen konnte, bevor mir die Augen zufielen:

Die Idee klingt verrückt: Ein Bestatter kauft 100 Koffer und bittet die unterschiedlichsten Menschen, einen dieser Koffer zu packen, – und zwar für die eigene letzte Reise! Denn irgendwann wird jeder einmal diese sprichwörtlich letzte Reise antreten. Ein spannendes Experiment – ein Test auf die Vergänglichkeit. Was wollen Menschen aus diesem Leben mitnehmen, – welche Gegenstände, Erkenntnisse, Lebenserfahrungen?

Ich erwachte heute morgen mit dem Gedanken, was ich wohl in so einen Koffer gepackt hätte..?

Ich überlege: Als erstes fallen mir Bilder meiner Lieben, besonders meiner Tochter, ein, die würde ich gern mitnehmen, hinüber. Die realen Personen kann ich ja nicht mitnehmen, sie müssten dann ja früher sterben. Also die Bilder!

Bücher, was zum Schreiben und Malen muss ich mitnehmen, gegen die Langeweile in der Ewigkeit! Etwas Gutes zu Essen und zu Trinken, falls man noch Hunger hat. Eine Decke zum Wärmen und ein paar dicke Socken,…. ich hab so kalte Schultern und Füße manchmal…!

Einen Moment schaue ich meine Katzen an, die es sich in meinem Bett bequem gemacht haben.

Die Drei schlafen jede Nacht in meiner Nähe, es ist eine verlockende Vorstellung sie auch in der Ewigkeit an meiner Seite ruhen zu sehen, ihre Wärme zu spüren, ihr Schnurren zu hören. Aber auch ihre irdische Existenz müsste ich ja vorzeitig beenden, also hoffe ich, dass sie jemanden finden, der sich um sie kümmert wenn ich nicht mehr da bin. Mein Kater schaut mich mit seinem „Arme – Irre-Blick“ an, ich interpretiere ein „Ist auch besser so !“ in den Seufzer, den ich höre, als er sich eine bequemes Lager auf meinem Bett zurecht trampelt.

Apropos „Hören“,: Musik, ein Radio, wenn das nicht funktioniert, ein Liederbuch vielleicht? Die Ewige Ruhe könnt mir schon recht still werden, und nur Engelsgesänge und Harfenklänge? — Ab und an würde ich es vielleicht gern mal so richtig rocken lassen, in der Ewigkeit! Da wäre es doch toll, wenn man eine Boy- Band oder gar ein Philharmonie-Orchester aus dem Koffer holen könnte.

Ich überlege, was noch mit müsste, auf die Reise ohne Wiederkehr?
Mein Blick schweift durch meine Wohnung, bleibt an einem Ring meiner Mutter, ein paar Muschelschalen, einem getrockneten Rosenstrauß, einem Marmeladenglas mit Ostseesand und Wasser, das mir meine Tochter mitbrachte, hängen. Alle diese Dinge erinnern mich. An Augenblicke aus diesem Leben, die ich nicht vergessen möchte, an Liebe, die mir geschenkt wurde. Diese Erinnerungen würde ich gern mitnehmen in die Unendlichkeit.

Je länger ich packe, je länger ich nachdenke, mit was ich den Koffer füllen könnte, desto klarer wird mir, dass ich keinen Koffer brauche. Mein letztes Hemd auf dieser Welt braucht keine Taschen, mein Zug in die Ewigkeit kein Gepäckabteil. In der nächsten Welt möchte ich ohne Be-Schwernisse und ohne Be-Lastungen ankommen.

Glaube, Hoffnung und Liebe haben in der kleinsten Seele Platz, sind Zahlungsmittel in allen Welten und Himmeln, da braucht es keine Koffer !

18 Gedanken zu “Karfreitagskoffer

  1. berührender beitrag, liebe Anne!

    zuerst dachteich daran, meinen computer mitzunehmen. Ganz clever, dann kannich auch zeitung lesen und musik hören oder einen film gucken…

    und dann bin ich zum gleichen ergebnis gekommen, wie du: ich brauche nichts!
    Da oben ist’s bestimmt interessant genug, die leute zu beobachten und hie und da ein schlückchen nektar zu nippen und ein paar krümel ambrosia zu mümmeln 😀

    frohe fröhliche ostern!

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  2. Hi Anne!!!

    Wow…ein beeindruckender Text…
    Der muss erstmal sacken…

    Ich wünsch dir ein buntes,frohes und gesundes Osterfest… 🙂

    LG Mosi

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  3. …das sind sehr interessante Gedanken, die man sich rechtzeitig machen sollte…

    …schon seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit dem Tod…ich würde gar nichts mitnehmen, denn nur dann ist man auch offen für alles, was einem begegnet…und ich hoffe, bis dahin werde ich so weit sein, nichts mehr zu haben, weder innen noch außen…

    liebe Grüße
    Una

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  4. Liebe Anne,

    ich meine auch, dass man für die letzte Reise keinen Koffer braucht. Es würde einfach keinen Sinn machen, und wenn es überhaupt einen Sinn gibt, dann wird er sich Menschen am eindeutigsten präsentieren, wenn sie über die Schwelle getreten sind … daran glaube zumindest ich. Alles, was *dort* wichtig sein könnte, hat in der Seele Platz.

    Ein schönes Osterfest dir, liebe Anne – leider ein wenig spät, aber von Herzen.

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  5. alles ist in mir was ich brauche. ich packe nichts in meinen koffer, ausser meine gedanken, und selbst die werde ich wahrscheinlich dort vergessen, denn positve ernergie verbindet sich und ich werde sie nicht brauchen meine schönen erinnerungen.
    lg
    astrid

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  6. ja, das ist es wohl, liebe hu, aber eben nicht nur denken, denn mit dem Verstand allein ist das wohl nicht zu fassen.
    wen da das gefühl nicht leitet, den wird das ergebnis nicht befriedigen.
    Sehr liebe Grüße zu dir, ich denke oft an dich
    Anne

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  7. liebe una,
    ich denke unsere Ankunft in der nächsten Welt wird ähnlich sein wie unsere Geburt in dieser. Mit weitgeöffneten Augen werden wir dem neuen Leben entgegen sehen. –
    Allwissend-Nichtsahnend.
    sehr liebe Grüße zu dir
    Anne

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  8. hallo astrid,
    wie ich mich freue was von dir zu hören.
    Ich glaube, die wirklich guten Erfahrungen, das wirklich Wichtige, das wird uns in einem nächsten Leben, so es denn eines gibt, zur Verfügung stehen.
    Sehr lieb Grüße zu dir und komm heil nach hause.
    Anne

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  9. Liebe Anne, das denke ich auch…

    …aber ich denke auch, dass alles, was uns an die materielle Welt bindet – auch die Freude und die Liebe, genauso wie der Hass oder der Missmut -, veranlassen wird wieder zu kommen…daher wünsche ich mir einen leeren Koffer…vielleicht ein illusorischer Wunsch, eher so etwas wie ein Ziel…

    liebe Grüße von Una

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