Ein Kranich für Japan

kranich
Heute habe ich einen Origami-Kranich gefaltet.
Sehr langsam und fast meditativ habe ich das getan und mir gewünscht, die alte japanische Legende wäre doch wahr, nach der es nur 1000 gefaltete Papierkraniche braucht, um einen Wunsch frei zu haben.

Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, wann ich die Geschichte von Sadako,der kleinen Japanerin, die 12 Jahre nach der Atombombe von Hiroshima an Leukämie erkrankt, das erste mal gehört oder gelesen habe. Nur, wie sie mich zu Tränen berührt hat und dass ich sie irgendwann auch meiner Tochter vorlas und mit ihr Papierkraniche faltete.
Ich habe ihr dabei erzählt, wie in Tschernobyl damals, am Beginn meiner Schwangerschaft mit ihr, ein furchtbarer Unfall mit friedlich genutzter Kernenergie statt fand, der unendliches Leid über viele tausend Menschen brachte,und das wir deshalb alles daran setzen müssten, aus der Kernenergie auszusteigen. Mein Kind hat das schnell kapiert.

Die Geschichte von Sadako und den 1000 Papierkranichen könnt ihr hier nachlesen. Dort gibt es auch eine genaue Faltanleitung für den Kranich.

Ich konnte in den letzten Tagen kaum Worte finden. Voller böser Ahnungen, habe ich die immer neuen und schlimmeren Horrormeldungen verfolgt. Auch wenn uns 10000 Km von Japan trennen, wir sind im wahrsten Sinn des Wortes betroffen. Eine Insel ist dieses gebeutelte Land mit seinen unendlich diziplinierten Menschen nur noch geographisch.
Zu fest ist das globale Netz, das wir alle über Jahre doch angestrebt haben, gewoben.
Wir werden gezwungen hinzusehen.

Als mich vor vielen Jahren mal jemand fragte, warum ich denn auf eine Anti-Atom-Demo gehen würde, hab ich gesagt : „Ich will nicht von meinen Enkeln gefragt werden, warum wir nichts dagegen getan haben, denn auf ein „Wir haben es nicht gewusst!“ kann sich meine Generation nicht mehr heraus reden.“ Nein, wir alle haben es gewusst, spätestens seit Tschernobyl bis in die letzte Konsequenz!
Jeder, der sich bei klarem Verstand mal mit der Kernenergie beschäftigt hat, wusste um die Folgen. Keiner von uns kann sich auf Unwissenheit herausreden.

Ja, und jetzt sitz ich hier und betrachte hilflos meinen Papierkranich, den ich ins Fenster gehängt habe, und hoffe, dass es mir Tausende nach tun, denn dann hätten wir schon einen Wunsch frei für Japan.

So mahnen die Papierkraniche jeden, alles zu tun, um einen Atomkrieg zu verhindern. Was das Falten der Kraniche, was Sadako, Hiroshima und der Klub der Papierkraniche wirklich bedeutet, wird wohl am besten durch die Worte ausgedrückt, die auf dem Granitsockel des Kinder-Friedens-Denkmals eingraviert sind:

Dies ist unser Ruf
Dies ist unser Gebet
Frieden zu schaffen in dieser Welt.

Videoanleitung für den Origami Kranich

56 Gedanken zu “Ein Kranich für Japan

  1. Wow, dieser Beitrag ging bei mir direkt ins Herz! Eine super-traurige Idee, um Betroffenheit in unserer so abgestumpften Gesellschaft zu schüren. Ich überlege echt, ob ich die Geschichte nicht mit zu meinen Kröten in die Schule nehmen soll, damit sie mal 5 min drüber nachdenken, was wir dieser Welt und uns antun.

    Danke!

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  2. das ist wunderbar, liebe anne, und ich freue mich ganz arg darüber 🙂

    hast du den roman 1000 kraniche von kawabata gelesen?
    himmlisch, sag ich dir …

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