Manchmal, abends, wenn es dunkelt und die Nacht noch etwas unentschlossen in der Tür steht, hab´ ich Sehnsucht nach einem Ritual:
Dann möchte ich eine Zigarette rauchen .
Nein, keine hastig durch geglühte Suchtzigge, sondern meine „Tagesausklang-Arbeit-vollbracht-Belohnungs-Zigarette“.
Ich möchte den blassen Kringeln nachschauen, die ich ob der Unfähigkeit sie zu blasen, mit der senkrecht gehaltenen Zigarette in die Luft steche. Im Sommer haben sie die tanzenden Mücken irritiert, im Winter hab ich ihrem Vergehen in der über der Heizung aufsteigenden, warmen Luft, zugeschaut.
Ich habe Sehnsucht nach dem Rauch, der sich mit dem Duft meines Abendessen-Nachtisch- Kaffees und dem rosig-warmen Geruch von gebadet zu Bett gebrachtem Kind mischt. Fast immer hab ich Musik dabei gehört, Debussy oder Ravel oder die raue, dunkelzärtliche Stimme von Georges Moustaki hat gesungen: „Elle ne marche pas, elle dance, elle ne fait pas l’à mour elle aime…“
Meistens habe ich bei dieser Zigarette aus dem Fenster gesehen oder sie im Garten oder auf dem Balkon geraucht. Im Sommer habe ich dem Tag nach gelauscht bis er so leise wurde, dass man das Lied der Nachtigall hören konnte.
Manchmal hast du mir eine warme Strickjacke um die Schultern und deine Hand in meinen Nacken gelegt. Deine zärtliche Stimme hat mir ins Ohr geraunt, dass du mich auf den Mund küssen würdest wenn ich mir die Zähne putze, weil du den Zigarettengeschmack nicht mochtest. Ich hab dich immer ein wenig warten lassen, weil ich es auch ganz gern mochte wenn du meinen Nacken geküsst hast.
Wenn man vom grossen Bären aus, eine Linie gegen Norden denkt, sieht man den Nordstern. Wenn er aufging, hab ich meine Zigarette ausgedrückt und bin mir die Zähne putzen gegangen, damit du mich küssen konntest.
Heute könntest du mich jederzeit küssen, ich hab das Rauchen aufgegeben, so wie ich dich aufgab. Nur den Kaffee trinke ich noch abends, nach dem Abendessen, und manchmal hör ich auch noch Moustaki.
Aber meine Augen suchen jeden Abend den Polarstern und ich warte auf die herzzerreißenden Lieder der Nachtigall, an lauen Sommerabenden, wenn die Nacht noch unentschlossen in der Tür steht.
(c) Anne V.
es ist schön, dass du diesen feinen älteren eintrag von dir reaktiviert hast, vor allem auch für deine neuen freunde. ich liebe diesen eintrag sehr, er ist wirklich grossartig geschrieben und erweckt sogar in mir die lust eine zigarette zu rauchen, obwohl ich dies niemals tun würde …
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Liebe Anne,
das ist wirklich sehr schön. Ich kann Dich sehen… mit der Zigarette in der Hand. Nur in Einem glaube ich Dir nicht: Du hast ihn nicht aufgegeben. Ein Mann ist keine Zigarette, die man lässt, und von der man irgendwann meint, man hätte auch nichts versäumt, wenn man das Rauchen nie probiert hätte. Aber das ist ja gut so, dass man Menschen und Lieben nicht auf dieselbe Art aufgibt, sondern bewahrt. Das bedeutet nicht, dass man nicht offen für Neues ist. Das Herz ist groß.
Gute Nacht
Chris
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… ich wart auch auf sie (bald singt sie wieder) 🙂
liebe Grüsse
in die noch immer daseiende Nacht
Karen
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ich weiss Karen, ich weiss auch wie sehr!
Liebevolle Grüße, Anne
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Liebe Chris.
Natürlich hast du die kleine Ungenauigkeit im Text sofort entdeckt*lacht* 😉
„An einer verborgenen Stelle im Herzen, dort zwischen Tag und Traum, zwischen Schlaf und Wachen werde ich dich immer lieben!“ sagt Tinkerbell zu Peter Pan. Ich schrieb es in einen Abschiedsbrief an eine meiner Lieben. Ich hatte das große Glück so einer besondere Liebe 2 mal zu begegnen. Und du hast recht, beide liebe ich noch immer und so werde ich wohl mit dieser Liebe im Herzen sterben. Meine Lieben hatten allerdings schon etwas Ähnlichkeit mit meiner Zigarettensucht. Ich war ihnen verfallen und habe sie lange nicht lassen können, obwohl ich mental genau wusste wie schlecht sie mir bekommen.
Heute rauche ich nicht mehr, ich habs mir abgewöhnt, extrem wie ich fast immer bin, von Kette rauchen-auf „Null“
Die Rauchentwöhnung war lebensnotwendig und wenn ich ehrlich bin, dann war es die Trennung von dem Menschen, der mir so viel war, wohl auch.
Ich habe wirklich gern und mit Genuss geraucht, und mit Leidenschaft diese Lieben gelebt.
Was bleibt ist eine leise Wehmut, die mich manchmal unvermutete anfliegt, wie ein Schmetterling im November:
Wenn ich ein verliebtes Pärchen sehe, oder einen alten, rauchenden Angler am Weiher, der seinen silbernen Rauchkringeln nachsinnt bis an die fernen Ufer.
Liebste Grüße in den Sonntag
Anne
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ztaj, lieber Ludi,
nur für dich habe ich ihn damals aus den „Privat“- einträgen befreit und eigentlich ist dein momentaner Kummer „Schuld“ das ich ihn noch mal aktivierte.;)
Nein, das stimmt nicht ganz. Eigentlich wollte ich ihn auch im Autorenblog posten und da ich nicht wollte, dass sich die Leser durch 31/2 Jahre Blogeinträge wühlen müssen, habe ich ihn halt noch mal aktuell gepostet.
Ich werde es mir anderen älteren Einträgen ähnlich machen, zumal ich diese fast alle noch nicht getaggt, und damit auch nicht katalogisiert, hatte. Eine gute Gelegenheit Angenehmes mit dem Nützlichen zu verbinden!
Sei lieb gegrüßt
Anne
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Es war ja keine Ungenauigkeit in diesem Text, sondern eher eine Abweichung von dem, wie ich Dich aus dem Kontext all Deiner Texte verstehe. 🙂
Ich glaube übrigens nicht, dass die Liebe mit uns stirbt. Ich glaube vielmehr, dass sie, bereinigt von allem Egoismus und aller Täuschung, die unvergängliche Essenz unseres Wesens ist, die eigentliche Seele eines Menschen, das, was wachsen muss, weil es das ist, was bleibt… in welcher Form, ist sekundär. In der Intelligenz unterscheiden wir uns vom Tier nur quantitativ, in der Fähigkeit, zu lieben, qualitativ.
Sehr liebe Grüße zum Restsonntag
cuenta…….
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In ganz anderer Sache: ich kann dir auf deine PN nicht antworten, da deine Postbox überquillt und keine mails mehr angenommen werden.
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:yes: :):):)
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